Meine Arbeit

22.01.2013 14:45

Anders als in Deutschland, habe ich hier in Togo keinen festen Arbeitstag, sondern viel mehr einen selbst zusammengestellten Tagesablauf. Meine Arbeit beruht zum größten Teil auf Eigeninitiative und nicht auf einem Pflichtprogramm. Ich kann meine Arbeit meinen Interessen anpassen. Anders als ich dachte, führt dies bei mir nicht dazu, dass ich mir nur wenig Arbeit auflade und den ganzen Tag entspanne, sondern ich Suche mir die Arbeit mehr oder weniger zusammen. Zweimal die Woche stehe ich um halb 6 auf um Fußball zu spielen. Ich arbeite viel mit dem Sozialarbeiter Mns Pim zusammen, durch den ich viele interessante, aber auch extreme Erfahrungen mache. Eine Familie nach deutschem Standard gibt es nicht, das Wort Emanzipation ist im Wortschatz der Meyopé oder Kabiyè nicht vorhanden. Die Frau hütet die Kinder und arbeitet auf dem Markt und der Mann macht… ja, um ehrlich zu sein, habe ich in vielen Fällen noch nicht herausgefunden, als was der Mann arbeitet. Es gibt einige Lehrer, die Gendarmes und die, mit denen ich zusammenarbeite (Sozialarbeiter, der Verwaltungsangestellte der Paroisse) und natürlich die Katechisten (Kirchenbeauftragten). Viel mehr Berufe habe ich unter den Männern noch nicht gesehen. Oft gibt es jedoch auch die Situation, dass die Kinder als Halbwaisen aufwachsen und nur noch eine Mutter haben.

Ich selbst verwalte die Patenschaften unserer bedürftigen Kinder und die Spendengelder für das Waisenhaus, indem sechs Kinder mir einer Heimleiterin leben. Außerdem gebe ich Sport-, Deutsch- und Englischunterricht an mehreren Schulen.

Wenn ich mit Mns Pim unterwegs bin kriege ich immer einen sehr tiefen Einblick in die Gesellschaft und in die Familiengeschichten, die in vielen Fällen sehr extrem sind. Sonst sieht man immer nur das lächelnde Gesicht der Leute die einem begegnen und freundlich grüßen.

So habe ich einmal mit Mns Pim eine Familie besucht in deren Mutter geistig behindert und der Vater blind ist. Dennoch hat die Mutter bereits fünf Kinder zur Welt gebracht, die sie jedoch nicht ernähren kann. Das hatte zur Folge, dass die ersten beiden Kinder gestorben sind. Das vierte und fünfte Kind sind Zwillinge, die erst vor kurzem geboren wurden. Wir haben sie der Familie weggenommen und ins SOS-Kinderdorf nach Kara gebracht. Das dritte Kind war bei meinem Besuch bei der Familie schwer krank, vermutlich Malaria. Dadurch, dass die Mutter geistig behindert ist, versteht sie vermutlich nicht, dass das Kind dringend ins Krankenhaus muss, weil sie eine Behandlung über 3900F nicht bezahlen kann. Dafür kann man auch ca. 80 Kokosnüsse kaufen.

Da das Kind diese Erkrankung ohne Behandlung nicht überlebt hätte, habe ich es mit ins Krankenhaus genommen. Diese Situation kommt scheinbar öfter vor, dass Familien eine Behandlung im Krankenhaus nicht bezahlen können und deshalb Kinder sterben müssen. Die Situation ist einfach fast nicht zu ändern und für die Familien ist es relativ normal, dass nicht jedes Kind überlebt, bis es erwachsen ist.

Es ist hart so was mit anzusehen und sich davon nicht unterkriegen zu lassen. Man muss als westlich Sozialisierter mit einem gewissen Abstand an die ganze Situation gehen, um damit fertig zu werden.

Ich habe mit unserem Sozialarbeiter einen Club für Rechte der Kinder an der Grundschule und am Collège gegründet, um die Kinder über ihre Rechte aufzuklären um gegebenenfalls bescheid zu sagen, wenn Kinder in der Familie misshandelt werden. In solchen Fällen kann dann das Jugendamt die Kinder beschützen.

So hart ich die Probleme hier auch finde, dennoch sind sie nicht das, was das Leben hier ausmacht. Die Einwohner wissen um ihre Situation und genauso werden sie auch erzogen. Lange Trauer um den Tod eines Menschen gibt es nicht. Als außenstehender Europäer nimmt einen eine solche Situation wahrscheinlich mehr mit als die eigenen Angehörigen.

Das Leben hier ist schön und die frohe Mentalität der Einwohner lenkt mich schnell von allen  Problemen, die es gibt, ab. Auch verwundert mich, dass sich hier kein Mensch über die gesellschaftliche, politische oder wirtschaftliche Lage beschwert. Man akzeptiert, was man nicht ändern kann und versucht immer das Beste daraus zu machen. Ich hoffe, dass ich von dieser toleranten, weltoffenen Mentalität viel mit nach Hause nehmen kann,

Joris