Mein zweiter Trip nach Ghana

05.04.2013 11:56

 

Mitte März habe ich zum ersten Mal meinen Urlaubsanspruch in meinem Freiwilligendienst wahrgenommen. Eine Reise durch ganz Ghana mit Freunden war der Inhalt und im Nachhinein muss ich sagen, dass es ein extrem schöner Urlaub war. Am 11. März 2013 ging für mich die Reise los in den Süden für einen weiteren Visumsantrag in der ghanaischen Botschaft. Die Zeit in Lomé habe ich in dem Waisenhaus des Mitfreiwilligen meiner Organisation wohnen und speisen dürfen. Von dort aus habe ich die relativ gute Internetverbindung Lomés genutzt um meiner Arbeit nachzugehen und neueste Berichte und Bilder von Patenkindern nach Deutschland zu verschicken. Auch einige Einkäufe und andere Angelegenheiten meiner Arbeitsstelle habe ich dort erledigt. Die Tage in Lomé sind immer sehr interessant, da man sie sich selbst vollkommen frei gestalten kann und nur am Ende dafür sorgen muss, dass man seine ToDo-List erfüllt hat.

Nach erfolgreichem Visumsantrag konnte ich dann am Dienstag den 19. März nach getaner Arbeit nach Ghana reisen. Mein Weg führte mich zunächst von Aflao, der Grenzstadt nach Accra. Nach dreieinhalb Stunden relativ angenehmer Fahrt im Trotro (Bulli, der mit Sitzbänken vollgebaut ist und etwa 15 Leuten mehr oder weniger gut Platz bietet) bin ich in Accra angekommen und begab mich in der vermeintlichen Unordnung dieser riesigen Metropole Westafrikas zur „Kaneshi-Station.“ Interessant ist an dieser Stelle die Fortbewegung innerhalb Accras. Ein Taxi zu nehmen ist in den meisten westafrikanischen Städten oft die einfachste und auch günstigste Lösung, da die Taxifahrer, wenn man es ihnen sagt, am Straßenrand Leute einsammeln und der Preis so geteilt wird. In Accra ist dies jedoch nicht üblich. An irgendwelchen Punkten in jedem Viertel fahren die Sammeltrotros an verschiedene Orte und für einen Ortsfremden ist es schier unmöglich durch dieses Verkehrsnetz durchzusteigen. Es empfiehlt sich also immer jemanden zu Fragen, der einem helfen kann. Was mich immer wundert ist, dass jeder Ghanaer den ich gefragt habe mir immer sofort helfen konnte und auch gleich sagen konnte, wo ich ein Trotro finde, wo ich umsteigen muss und was ich zu den Fahrern sagen müsste. Vielleicht ist es auch für sie schwieriger, wenn man in entlegenere bzw. unbekanntere Gebiete fahren möchte; ich weiß es nicht genau. Jedenfalls habe ich durch die Hilfe der Einheimischen so manch einen Cedi gespart.

In Kaneshi habe ich mich meine Reisemitstreiter, die zum Teil extra aus Deutschland angereist waren begrüßt und wir sind von Kaneshi Station aus losgefahren in Richtung Cape Coast. In Saltpond sind wir auf halber Strecke ausgestiegen, denn hier war unser Ziel für die erste Nacht: „Kokobongo Beach.“ So paradiesisch der Name klingt ist es auch. Weißer Sandstrand, kilometerweite Sicht, praktisch kaum eine Menschenseele, auf der einen Seite des Strandes der wunderschön blaue Ozean und auf der anderen Seite Kokospalmen soweit das Auge reicht.

Leider waren wir zunächst nur eine Nacht an diesem Ort. Am nächsten Morgen starteten wir unsere Reise gen Norden zum Mole Nationalpark. Die nächste Station der Reise war also Kumasi, ein Handelszentrum mitten in der Ashanti Region. Die Ashanti sind das wirtschaftsstärkste Volk Ghanas, was vermutlich auch an ihrer Vergangenheit liegt, denn die Ashanti waren in der Zeit des Sklavenhandels die großen Sklavenjäger in Ghana, die durch den Verkauf von Sklaven an die Europäer großen Reichtum erlangten. In Kumasi haben wir den sehr überfüllten, riesigen, engen aber äußerst interessanten Markt besucht. Ähnlich wie auf einem Jahrmarkt war das gesamte Marktgelände und darum herum voll mit Händlern und Kunden. Als Weißer ist man auf dem Markt immer eine Attraktion und deshalb war es für uns noch schwieriger uns durch die Menge zu kämpfen ohne jemanden zu Missachten oder unhöflich zu sein. Die Nacht haben wir in einem Gästehaus geschlafen, dass für uns als Mittel zum Zweck diente. Ein Zimmer mit Bett und ein Bad auf dem Flur ist für eine Nacht vollkommen ausreichend. Am nächsten Morgen ging es dann los auf die lange Reise von Kumasi nach Tamale in den Norden. Unsere Bustickets hatten wir am Tag vorher gekauft um auch einen Bus zu kriegen, der mehr oder weniger pünktlich abfährt und nicht wartet bis er voll ist. Als ich in den Bus stieg, war ich verwundert. Luxuriöser als in Europa; große Sitze mit viel Beinfreiheit und nur drei Sitze pro Reihe. Eine sehr erholsame Fahrt für uns muss ich sagen, obwohl mir das Gefühl nicht gefiel als Weißer in so einem Gefährt zu sitzen, da jeder der uns aussteigen sieht vermutlich wieder nur denkt: „Der reiche Weiße will sich mal wieder nicht anpassen.“ In diesem Fall war es allerdings notwendig, denn so kamen wir frühzeitig in Tamale an und konnten direkt den Bus von Tamale nach Larabanga nehmen, dem Eingangsort des Mole Nationalparks. Auf der Busfahrt haben wir, nachdem wir die Info bekamen, dass das Mole National Parc Hotel ausgebucht ist, eine Unterkunft gesucht. Wir fanden in unserem Reiseführer die sogenannten „Saliah Brothers“, die eine Unterkunft für 3 Euro pro Nacht in Lehmhütten anbot. Erfolgreich buchten wir dort für uns alle. Es sollte sich noch heraus rausstellen, dass es großes Glück für uns war dass das Mole Hotel ausgebucht war.

Einer der beiden Saliah Brothers bot uns an, dass er uns in Tamale empfängt. Wir nahmen das Angebot an und bedankten uns bei ihm. Der Bus nach Larabanga fuhr relativ schnell nachdem wir dort waren ab und auf der Fahrt bemerkten wir, was unser Gastgeber Inussa führ uns getan hatte. Die vierstündige Fahrt über Lehmwege und Holperstraßen war wirklich gewöhnungsbedürftig. Der junge Inussa ist also für uns vier Stunden nach Tamale gefahren und weitere vier Stunden wieder zurück. In meinen Augen ein symbolisches Beispiel für die enorme Gastfreundlichkeit, die mir in meiner Zeit in Afrika schon so häufig begegnet ist. Bei den Saliah Brothers angekommen, waren wir alle totmüde wollten eigentlich nach Abendessen und Feierabendbier schnell ins Bett. Als wir jedoch bemerkten, in was für einer Atmosphäre wir uns befanden, war die Müdigkeit zumindest bei mir schnell verflogen. Man muss dazu sagen, dass Larabanga, wie sehr viele Orte im Norden Ghanas rein muslimisch ist, so auch die Saliah Brothers. Unsere Gastgeber waren fromme Muslime, die äußerst gebildet waren und sehr viel über ihre Religion wussten. Ich selbst habe mich noch nie in einer rein muslimischen Gesellschaft befunden und war sehr interessiert. Der Glaube der Menschen ist sehr stark und durch die Zeit dort habe ich ein sehr viel positiveres Bild vom Islam gekriegt. Die christliche Kirche ist in Ghana sehr stark auf Geld und Spenden fixiert, was den Glauben in den Hintergrund stellt und damit in meinen Augen ziemlich unehrlich macht. Der muslimische Glaube hingegen war für mich in Larabanga wirklich spürbar und eine leidenschaftlich gelebte Religion. Was mich außerdem sehr fasziniert hat, war das Vertrauen, dass man uns entgegengebracht hatte. Es lag an uns, zu zählen, wie oft wir gespeist haben und wie viel wir getrunken haben. Wir schrieben alles nach bestem Wissen und Gewissen akribisch genau auf, um den Saliah Brothers alles genau vorrechnen zu können. Als wir Ihnen dann das Geld gaben, dass für afrikanische Verhältnisse doch sehr viel war, nahm einer das Bündel an, und steckte es ohne jegliche Anstalten nachzuzählen in die Tasche. Als wir ihm unsere Rechnung erklären wollte sagte er nur: Ich vertraue euch; ihr wart von uns abhängig und wir sind von euch abhängig, warum solltet ihr uns betrügen? Ein Symbol für die familiäre Atmosphäre, die wir dort genießen durften.

Dazu kam natürlich der eigentliche Grund unserer Fahrt in den Norden: Der Mole Nationalpark. Elefanten, Alligatoren, einige Affen, Antilopen, Gazellen einige Insekten und Vögel haben wir dort sehen können. Die Ranger, die die Führungen mit uns gemacht haben, hielten uns für eine sehr glückliche Gruppe, da wir so viele Tiere so häufig gesehen haben. Eine Tour mit dem Auto durch den Park, eine zu Fuß und eine Kanu Tour durch einen Fluss. An zwei Tagen hatten wir alles gesehen und fuhren dann am nächsten morgen mit den Bus nach Tamale zurück. Von Tamale ging es wieder nach Kumasi, diesmal mit dem Trotro. Wir hatten keine große Lust auf die lange, ungemütliche Fahrt und das ewige Warten bis das Auto voll sein würde. Aber wir hatten ein weiteres Mal mehr Glück als Verstand und fanden am Straßenrand ein Trotro das äußerst gemütliche Sitze hatte und bei dem wir sogar die letzten beiden Fahrgäste waren. Dadurch sind wir früh in Kumasi angekommen und hatten dadurch noch viel Zeit an dem Tage. Leider hatte mich in der Nacht zuvor eine Infektion heimgesucht, die mich sehr erschöpfte und mir eine sehr anstrengende nächste Nacht versprach. Dadurch konnte ich den Tag in Kumasi leider nicht mehr nutzen um die Stadt noch weiter zu erkunden. Am nächsten Morgen fühlte ich mich wie gerädert und ich änderte meinen Plan früh aufzustehen um schnell in Cape Coast zu sein, sondern blieb so lange wie möglich im Zimmer und schleppte mich dann irgendwann zur Trotrostation und kam nach 4 Stunden Fahrt in Cape Coast in unserem Zimmer im Gästehaus an und ruhte mich dort weiter aus. Dadurch konnte ich leider die Sklavenburg von Cape Coast nicht so ausführlich besichtigen wie unsere Mitreisenden. Am nächsten Morgen fühlte ich mich jedoch wieder relativ genesen und wir konnten so nach dem Frühstück unsere Reise entlang der Küste Richtung Westen fortsetzen. Das Ziel war die sogenannte „Hideout-Lodge“ in Butre, ein Strandhotel so paradiesisch wie Kokobongo Beach. Dafür ging es von Cape Coast mit dem Trotro nach Takoradi und von dort aus mit dem Taxi nach Butre. Da der Taxifahrer sich vollkommen verkalkuliert hatte, den Weg nicht kannte und letztlich auch noch eine Panne hatte, mussten wir auf halber Strecke das Taxi wechseln, was für uns mit einer großen Diskussion um den zu zahlenden Fahrpreis einherging. Wir fanden letztlich eine für jedermann annehmbare Lösung. Der Taxifahrer mit der Panne erhielt einen großen Teil seines Preises und nach einiger Diskussion lenkte auch der neue Taxifahrer ein und gab uns einen fairen Preis, sodass wir alle dam armen Fahrer mit seiner Panne etwas unterstützt haben. In Butre angekommen genossen wir dort zwei Tage voller Ruhe und ohne jegliches Programm an einem wirklich schönen Küstenabschnitt Ghanas. Wir schliefen in Rundhütten die mit Bad und Dusche ausgestattet waren.

Nach diesen zwei Tagen ging es zu unserem nächsten Reiseziel: Einem ausgewanderten holländischen Ehepaar, das sich am Rande des Regenwaldes niedergelassen hatte. Dort angekommen wurden wir herzlich begrüßt und uns wurde unser Schlafplatz gezeigt. Wie geplant standen oben auf einem Berg zwei Zelte und man hatte von dort aus einen wunderbaren Blick über den Regenwald. Die Geräuschkulisse, die daraus hervorging war für uns wirklich abenteuerlich und interessant. Das Ehepaar verpflegte uns am Abend und führte mit uns ein sehr interessantes Gespräch über ihr Leben. Sie leben in ihrem Haus zwar ohne eigene Kinder, aber mit enorm vielen Tieren. Insgesamt 13 Affen leben im ganzen Haus und auch draußen. Die beiden gehen sehr liebevoll mit den Tieren um.

Die Nacht im Regenwald war sehr interessant, aber auch wirklich anstrengend. Am Morgen waren alle früh wach und es ging los in Richtung Kakum Nationalpark. Dort machten wir eine Tour über durch den Wald wo uns die Rangerin sehr viel erklärte und eine Tour über die Brücken, die vor einiger Zeit zwischen den Bäumen aufgehängt wurden. Sehr abenteuerlich aber auch hier hatte man wieder einen wunderbaren Blick über den gesamten Regenwald. Tiere waren dort leider nicht zu sehen, was uns aber im Vorhinein schon bewusst war. Nach dem Besuch in dem relativ kleinen Nationalpark1 ging es noch einmal ins Paradies. Diesmal war das Ziel wieder „Kokobongo Beach.“ Das Ende der Reise war nah und wir wollten uns noch einmal richtig entspannen. Dort hatten wir noch einmal zwei Tage in denen wir uns richtig zurücklehnen konnten. Nach diesen Tagen brachten wir den ersten Teil unserer deutschen Gäste zum Flughafen nach Accra zurück. Wir blieben noch eine Nacht dort und brachten am nächsten Tag den letzten Teil Gast weg und empfingen zwei weitere, die nun etwa dasselbe Abenteuer bestreiten werden wie wir. Wir Einheimischen machten uns nach der zweiten Nacht in Accra auf nach Ho, um alles einzusammeln, was unsere Freunde aus Deutschland uns mitgebracht hatten und dann ging es für mich nach einer weiteren Nacht zurück nach Lomé und dann wieder voller Vorfreude nach „Hause“ ins friedliche Solla.

 

Nach diesem Rückblick auf diese Reise muss ich sagen, dass ich mehr als zufrieden bin mit allem was passiert ist. Wir haben durch den ein oder anderen vermeintlich negativen Zufall im Nachhinein doch viel mehr profitiert, als wenn alles exakt so gelaufen wäre, wie geplant. Auch der Fakt, dass man nur eine grobe Route im Kopf hatte und sich oft erst im Laufe des Tages herausgestellt hat, wo man abends schlafen wird, hat für mich eine abenteuerliche Atmosphäre geschaffen und mir sehr zugesagt. Ich hoffe, ich bekomme noch öfter die Chance eine solche Backpacktour durch Afrika zu machen.

 

 

_____________

1 ein Nationalpark bedeutet für die Bevölkerung immer, dass man dort das Land nicht nutzen kann. Dadurch sind diese Parks bei der anliegenden Bevölkerung nicht so beliebt und können im wirtschaftsstarken Süden Ghanas keine Größe wie der Mole Nationalpark haben